Radreise Andalusien: Über Ragua und Chaleco ins Schinkendorf Trevélez

2. Etappe, 22.9.2018: Für das persönliche Wohlbefinden am zweiten Radtag unserer Radreise nach Andalusien ist nicht unbedingt die Frage „Kaffee oder Tee zum Frühstück?“ ausschlaggebend, sondern vielmehr die Entscheidung betreffend „Etappe lang oder kurz“. Die 120 Kilometer der Langversion sind zwar so einigermaßen überschaubar, mehr ins Gewicht fallen da schon die veranschlagten 3.300 Höhenmeter. Es wartet also viel bergauf und bergab am Weg in das berühmte Schinkendorf Trevélez.


Müsliriegel am Puerto de La Ragua

Mit „bergauf“ beginnt auch unsere Radetappe: Denn gleich von unserer Unterkunft starten wir in den ersten Anstieg auf den Puerto de La Ragua auf 2.000 Meter. Niemals steil, schöne Ausblicke in die Ebene unter uns und auf die gegenüberliegenden Sierras. So spulen wir relativ „locker“ die 900 Höhenmeter bis zur Passhöhe ab. Oben angekommen, empfängt uns Toni mit unserem Mietauto und einige nutzen gleich die Möglichkeit Wasser nachzufüllen und noch den einen oder anderen Müsliriegel auszufassen. Super Service …

Da auch die Südseite des Ragua nie wirklich steil ist, folgt eine relativ lange, wunderbare Abfahrt; vorerst bis Laroles. Hier biegen die Fahrer der „Kurzvariante“ direkt nach Trevélez ab, während sechs Mann weiter bergab bis zum Beninar-Stausee fahren.

Kaugummi auf der Venta del Chaleco

Ein landschaftliches Highlight folgt nun: Vom Beninar-Stausee fahren wir auf die Venta del Chaleco. Die Bergstraße erreicht zwar „nur“ eine Höhe von 1.295 Metern, aber es sollte noch ein extrem zäher Anstieg werden.

Die Auffahrt beginnt auch sensationell; denn direkt vom Stausee radeln wir kurvenreich auf einer Traumstraße empor. Oder besser gesagt, die Aussicht auf den türkis schimmernden Stausee und die dahinter liegenden Berge ist einfach sensationell. Mit jeder Kurve werden die Ausblicke schöner. Einfach nur großartig!

Aber es ist auch ein Anstieg, der sich wie ein Kaugummi zieht: Ein Ende der Bergstraße ist lange nicht in Sicht, nach jeder Kuppe folgt wieder viel Gegend und die Temperaturen von ca. 35 °C tun ihr Übriges.

Apfelkuchen und Eis in Turón

Die einzige menschliche Ansiedlung entlang dieses ca. 20 Kilometer langen Anstieges ist das kleine Bergdorf Turón, das aber wie ausgestorben zu sein scheint. Ausgestorben sein dürfte deshalb auch die Gastronomie, denn ein Gasthaus oder Kaffeehaus gibt es hier scheinbar nicht. Als wir schon aufgeben wollen, entdecken wir durch Zufall ein kleines Lebensmittelgeschäft, das sogar „offen“ hat; mehr brauchen wir auch nicht, wir sind ja bescheiden. Und die ältere Dame hat letztendlich auch ihre Freude mit uns, denn sie macht mit uns sechs Radfahrern das Geschäft des Tages – oder gar der ganzen Woche. Bier hatte sie nach unserem Besuch keines mehr und ihren Lagerbestand an Apfelkuchen sowie Eis haben wir auch drastisch reduziert … Am Ende sind alle zufrieden, eine klassische „win-win-Situation“.

Gestärkt spulen wir also die restlichen Kilometer des Anstieges ab und erreichen die vermeintliche Passhöhe der Venta del Chaleco. Die folgende Abfahrt ist aber gleich wieder zu Ende und es geht wieder bergauf; bis zur nächsten „Passhöhe“. Dieses Spiel wiederholt sich noch einige Male – auch so kann ein Pass mit nur 1.295 Metern sehr anspruchsvoll sein. Interessant ist zudem, dass wir (mit Ausnahme von Turòn) bis etwa 1.100 Metern eine gottverlassene Gegend mit maximal einigen Olivenbäumen durchfahren haben. Auf den Höhenrücken der Venta del Chaleco wird aber plötzlich Weinbau betrieben.

Schinken in Trevélez

Irgendwann lassen wir die Venta del Chaleco doch hinter uns und freuen uns über die verdiente Abfahrt nach Cádiar. Hier kehren wir auf Grund der Hitze kurzfristig nochmals stilvoll ein: Nämlich bei einer Tankstelle. Cola, Wasser und abermals Apfelkuchen sollen uns Energie für den letzten Anstieg des Tages nach Trevélez bringen.

Nach Cádiar folgen die letzten 30 Kilometer an den Abhängen der Sierra Nevada entlang (oder eigentlich bergauf), bis wir auf 1.600 Metern Höhe das berühmte Schinkendorf Trevélez erreichen.

Mit einigen cervezas, vino tintos und ausgezeichnetem jamón serrano aus Trevélez geht ein wunderbarer, aber auch anstrengender Tag zu Ende. Ein Tag am Rennrad, den man einfach erlebt haben muss. „Salud!“