Radfahrgruppe im Anstieg, im Hintergrund sind Almhütten ersichtlich.

Montenegro: Ein halber Durmitor am Rad und eine ganze Tara am Seil

4. Etappe, 16.9.2023: Wegen der regnerischen Wetterprognosen verkürzen wir die geplante Runde um das Durmitor-Gebirge und fahren im Norden des Durmitors über den Stulac Sedlo zum Almdorf Crna Gora und wieder retour. Während drei Radkollegen ganz andere Pläne haben …


Wer hat das bessere Wetter?

Sonne und Wolken am Vormittag, Regen am Nachmittag. Egal, welche Wetter-App wir auch konsultieren, die Prognosen für den Nachmittag werden nicht besser. Nachdem wir heute ohnehin wieder hier in Žabljak und im gleichen Quartier nächtigen, verkürzen wir die geplante Tour rund um das gesamte Durmitor-Massiv. Den südlichen Teil mit dem 1.908 Meter hohen Durmitor-Sedlo haben wir ja bereits gestern gesehen. Somit wenden wir uns heute dem Norden des Durmitors zu und fahren über den Stulac Seldo zur Alm Crna Gora und wieder retour. In Anbetracht der Wettervorhersagen ein vernünftiger Kompromiss, der auch wohlwollend (oder gar erleichtert) von allen aufgenommen wird. Abgesehen von drei Sportskameraden, die sich heute lieber an’s Seil hängen wollen. Mehr dazu etwas später …

Gewaltige Berge – aber wir sehen sie nicht

Los geht’s also in Žabljak, wo schon innerhalb der Ortschaft der Anstieg mit rund 600 Höhenmetern auf den Stulac Sedlo beginnt. Leider hängen am Beginn der Tour die Wolken sehr tief und verdecken uns so die Sicht auf die Bergwelt des Nationalparks Durmitor.

Da kommt Freude auf!

Ein knappe Stunde kurbeln wir also durch die wolkenverhangene Landschaft und dann passiert, was wir nicht zu hoffen gewagt hatten: Wenige hundert Meter vor dem 1.957 Meter hohen Stulac Sedlo lichten sich die Wolken und am höchsten Punkt heben erste Sonnenstrahlen schlagartig die allgemeine Stimmung!

Am Ende der Welt …

Infrastruktur ist am knapp 80 Kilometer langen „Durmitor-Ring“, abgesehen von der einspurigen Straße, wenig bis gar nicht vorhanden. Genau dieser Umstand macht eine Fahrt rund um das Durmitor-Gebirge zu einem besonderen Natur- bzw. Landschaftserlebnis, das man so in Europa nur mehr ganz selten wo erleben kann. Vor allem bei Sonnenschein, den wir während der Abfahrt vom Stulac Sedlo genießen dürfen.

Und irgendwo im Nirgendwo erreichen wir eine Abzweigung zum Almdorf Crna Gora, dem Ziel der heutigen Kurztour. Die verwinkelte Straße mit teilweise brüchigem Asphalt lässt keine Zweifel offen, dass uns hier sicherlich kein Touristen-Hotspot erwarten wird. Die Alm selbst präsentiert sich uns als ein Sammelsurium von einfachen Hütten bzw. Gebäuden, die verstreut in der hügeligen Landschaft liegen. Die Almwirtschaft ist Mitte September offensichtlich bereits beendet, denn Lebewesen, egal ob auf vier oder zwei Beinen, erblicken wir keine. Gleichzeitig ist dieser etwas herbe Charme sowie die Ursprünglichkeit der Alm das Besondere und einfach passend für Montenegro bzw. für den Balkan. Das Wetterglück ist, wie erwähnt, noch immer auf unserer Seite und so gibt es einige „freundliche“ Sonnenfotos …

Retour geht’s wieder über den Stulac Sedlo und am frühen Nachmittag erreichen wir Žabljak. Die mittlerweile aufgezogenen dunklen Regenwolken registrieren wir am Rande, viel wichtiger sind die Gaumenfreuden, die uns ein Wirt serviert …

„Und was hat’s jetzt mit dem Seil auf sich?“

Genau, da war ja noch etwas. Drei Sportskameraden verweigerten die heutige Tour und fuhren mit unserem Bus lieber zur Tara. Als Tara wird nicht nur das Gewicht der Verpackung einer Ware, sondern auch der hiesige Fluss bezeichnet. Und dieser hat sich im Laufe der Jahre bis zu über 1.300 Meter in die Tiefe gegraben, weshalb die Tara-Schlucht im Bereich des Nationalparks Durmitor auch zum UNESCO-Weltnaturerbe zählt.

Rund 15 Kilometer nördlich von Žabljak führt eine Straße bereits einigermaßen tief in die Tara-Schlucht und hier überspannt die 350 Meter lange Durdevica-Stahlbetonbrücke den Fluss. Und nachdem die sogenannte Zipline auch in Montenegro angekommen ist, können sich wagemutige Zeitgenossen an’s Seil hängen, um parallel zur Tara-Brücke über die hier 150 Meter tiefe Tara-Schlucht zu fliegen. Oder fahren oder was auch immer.

Bilder gibt’s auch, ebenso einige Heldengeschichten, die natürlich später beim gemeinsamen Abendessen kundgetan wurden …

Nach zwei Nächten in Žabljak werden wir morgen den Nationalpark Durmitor verlassen. Ziel ist das Komovoi-Gebirge im Osten Montenegros.